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Seite 9 – Niederschlesien im Freistaat Sachsen

Historisches Gebiet

Niederschlesien im Freistaat Sachsen

 

Nicht erst seit 1989/90 hat die Bundesrepublik Deutschland zu seinem östlichen Nachbarn, der Republik Polen, ein enges Verhältnis. Schließlich liegen die früheren ostdeutschen Provinzen östlich der Oder-Neiße Grenze Niederschlesien, Ostbrandenburg/Neumark und Pommern im heutigen Westpolen. Umgekehrt ragt keilartig Niederschlesien, dessen größerer Teil ja in Polen liegt, nach Sachsen hinein.

Recht mühsam und gegen manche Widerstände, aber mit Unterstützung unter anderem der CDU, ist 1994 der Landkreis Niederschlesische Oberlausitz geschaffen worden. Doch leider ist es der gleichen CDU zu verdanken, dass dieser Landkreis in bester SED Manier mit der Gebietsreform 2008 wieder verschwand.

Unter Berücksichtigung der jüngeren Geschichte wäre nach Ansicht mancher Fachleute eine Zusammenlegung der ehemaligen kreisfreien Städte Hoyerswerda und Görlitz mit dem Niederschlesischen – Oberlausitzkreis logischer gewesen, als der Zusammenschluss mit Bautzen. Dabei hätte der Landkreisname Niederschlesischer Oberlausitzkreis erhalten bleiben können. Auch wäre ein Direktionsbezirk (in Bayern Regierungsbezirk genannt) als nächst höhere Verwaltungsebene zusammengesetzt aus dem Gebiet um Hoyerswerda, der Stadt Görlitz mit dem Landkreis Niederschlesische Oberlausitz sinnvoller gewesen. Neben der historischen Besonderheit hätten weitere kulturelle Gründe für einen solchen Zusammenschluss gesprochen. In Zukunft steht jetzt zu befürchten, dass die ehemals kreisfreie Stadt Hoyerswerda weiter in die Bedeutungslosigkeit absinkt und entsprechend ein weiterer wirtschaftlicher Niedergang unvermeidlich ist. Dabei wäre es attraktiv gewesen, wenn in der Europaregion Neisse – Nisa – Nysa auch auf deutscher Seite als bindendes Glied der Name Schlesien geblieben wäre. Östlich der Lausitzer Neiße liegt schließlich das Gebiet Oberlausitz bis zum Fluss Queis. Das Verbindende liegt im Namen „Niederschlesische Oberlausitz“. So hätte man der Region einerseits ein ganzes Stück Identität erhalten und andererseits grenzüberschreitend gemeinsam diesen Lebensraum touristisch besser bewerben können.

Nach einer Reform der polizeilichen Verwaltungsstrukturen in Sachsen entstand 2005 aus der Zusammenlegung der Polizeidirektion Bauzen und Görlitz die Polizeidirektion Oberlausitz – Niederschlesien. Diese wurde zum 1. Januar 2013 in Polizeidirektion Görlitz umbenannt. Damit verschwand die Bezeichnung aus der offiziellen Verwaltungsstruktur der Bundesrepublik völlig.

Aber der neu geschaffene Landkreis bekam den Namen „Görlitz“ und wird nun als Ostsachsen kommuniziert, da eine historische und kulturelle Prägung bewusst nicht gewünscht wird. Im Freistaat Bayern spricht man übrigens bei den drei Regierungsbezirken Frankens ja auch nicht von Nordbayern, sondern von Unter- Mittel- und Oberfranken.

Die Entscheidungsträger und Verantwortlichen in Sachsen aber scheinen eine ganz eigene Auffassung von „Geschichtsverständnis“ zu besitzen, nämlich die des Ignorierens, Umdeutens und schließlich des Vergessens. Dieser ungeheuerliche Vorgang steht außerdem in vollem Widerspruch zur sächsischen Verfassung, die im Paragraphen 2 und 5 dem Gebiet Schlesiens und das der Sorben eine hervorgehobene Stellung einräumt.

Immerhin ist kürzlich das alte Kfz-Kennzeichen NOL (Niederschlesische Oberlausitz) wieder neu eingeführt worden, was identitätsstiftend ist und nach außen ein sichtbares Zeichen des Bekenntnisses zur Heimat und Region liefert.

Trotz der traurigen Situation im administrativen Bereich gibt es Institutionen, die bis heute an Identität und Traditionen festhalten und dies in ihrem Namen deutlich machen:

-Niederschlesisch-Sächsische Akademie für Landwirtschaft und Umweltschutz

-Zweckverband Nahverkehrsverbund Oberlausitz Niederschlesien

-Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz

Niederschlesische Werkstätten Weißwasser

-Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund

-Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien

-Oberlausitz Niederschlesischer Kurier

-CVJM – Schlesische Oberlausitz  etc. pp.

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