Freiheit für Carles Puigdemount!

Der ehemalige Katalanische Regierungspräsident Carles Puigedemount wurde am 25.März 2018 an der deutsch-dänischen Grenze festgesetzt und in Haft genommen. Grundlage dafür ist der Europäische Haftbefehl, den Spanien ausgestellt hat. Zulasst gelegt wird ihm „Rebellion“, Aufwiegelung und Veruntreuung öffentlicher Geldern. Kurioserweise konnte C.Puigdemount unbehelligt durch Finnland und Dänemark zu Vorträgen reisen. Belgien hatte schon zuvor angekündigt, nicht ausliefern zu wollen – wo er in Waterloo, im Exil lebt. Der spanische Geheimdienst Centro National de Inteligencia war es der das Bundeskriminalamt (BKA) über den Grenzübertritt informierte. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig über den Auslieferungshaftbefehl, erst nach Ostern befinden. Ihm drohen bei einer Auslieferung bis 30 Jahre Haft.

Die Festnahme von Kataloniens Ex-Präsidenten stößt auf große Kritik

Unterstützung kommt aus Bayern. Die Bayernpartei stellt bei der Münchner Generalstaatsanwaltschaft Strafanzeige wegen „Verschleppung“ nach § 234a Abs.1 und 3 StGB – vorerst gegen unbekannt. Der „bayerische Separatist“ Florian Weber spricht von einem „juristischen Skandal“, Belgien, Dänemark oder Finnland etwa haben C.Puigedemount nicht in Gewahrsam genommen, Deutschland hingegen zeigt sich als „Musterschüler“.

234a StGB

Verschleppung

(1) Wer einen anderen durch List, Drohung oder Gewalt in ein Gebiet außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes verbringt oder veranlasst, sich dorthin zu begeben, oder davon abhält, von dort zurückzukehren, und dadurch der Gefahr aussetzt, aus politischen Gründen verfolgt zu werden und hierbei im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen durch Gewalt- oder Willkürmaßnahmen Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, der Freiheit beraubt oder in seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung empfindlich beeinträchtigt zu werden, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(3) Wer eine solche Tat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geltstrafe bestraft.

F.Weber weiter: „Carles Puigdemount wird in Spanien offenbar aus politischen Gründen verfolgt. Der internationale Strafbefehl dient offenkundig lediglich dazu, einen prominenten Verfechter der katalanischen Demokratiebewegung unschädlich zu machen. Weder akzeptiert die spanische Justiz das Selbstbestimmungsrecht des katalanischen Volkes, noch werden rechtstaatliche Grundsätze beachtet. Sollte die Bundesrepublik Herrn Puigedemount, anders als beispielsweise Belgien, Dänemark oder Finnland an Spanien ausliefern, wäre das nicht nur ein politischer, sondern auch ein juristischer Skandal.“

Auch die Lausitzer Allianz meldet sich zu Wort. Hannes Wilhelm-Kell sieht seinen Verband als Hüter von Freiheit der Europäischen Völker und Demokratie. „Dass sich ausgerechnet Deutschland in die Reihe der Neodiktatorischen Antidemokraten stellt ist wieder einmal beschämend und wieder mal bezeichnend!“ Die Forderung wird laut, „Frau Merkel, im Namen der Völker Europas und der Demokratie, vermitteln Sie im Sinne Kataloniens und unterstützen Sie Demokraten!“ „Lassen sie umgehend Carles Puigedemount frei und setzen sie ein Zeichen für Demokratie in Europa!“

Der SSW (Südschleswigsche Wählerverband) die Partei der dänischen Minderheit und Friesen fordert ähnliches. Der Vorsitzender der SSW, Flemming Meyer ersucht Frau Bundeskanzlerin Merkel möge sich einzuschalten und direkt vermitteln. „Gerade Deutschland hat mit seiner vorbildlichen Minderheitenpolitik eine große Verantwortung und kann dazu beizutragen, dass der Konflikt zwischen Spanien und Katalonien gelöst wird. Wenn alle politischen Führer Kataloniens ins Gefängnis kommen, wird dieser Konflikt sich imens verschärfen und überhaupt nicht gelöst werden. Im Gegenteil“.

Das sind „nur“ drei kritische Stimmen. In einer Umfrage „Der Welt“ zeigt sich eine Mehrheit der Deutschen solidarisch und gegen eine Auslieferung an Spanien. Wird die Bundesrepublik ausliefern und machst sich damit zum Mittäter? Der Tatvorwurf der „Rebellion“ ist zumindest in der deutschen Rechtssprechung unbekannt. Das deutsche Äquivalent, der Hochverrat, setzt Gewalt vorraus, dass in Katalonien seitens der Separatisten nicht angewandt wurde.

Wie könnte eine Lösung aussehen?

Wir dürfen die Diskussion über die Zukunft Europas nicht einzig der nationalen Perspektive überlassen. Es muss ernsthaft über die Entwicklung von Autonomie-Modellen, wie z.B. in Südtirol, unterhalten werden.

Die Freilassung des Katalanen wäre die einzig richtige Entscheidung. Er soll die Erlaubnis erhalten, wieder nach Belgien reisen zu können. Der spanische Staat kämpft mit aller Härte gegen die national-katalanisch-republikanische Unabhängigkeitsbewegung. Und 15 führende, ehemalige Minister und Politiker – allesamt in freien Wahlen gewählt – sitzen hinter Gittern oder werden per europäischen Haftbefehl gesucht. Die katalanischen Politiker haben sich anscheinend „ungehorsam“ der Zentralregierung gegenüber verhalten und müssen nun in ihre Schranken gewiesen werden. Eine Erziehungs- und Disziplinierungsmaßnahme also? Ähnlich verfahren auch Eltern mit ihren Kindern. Die Katalanen sind allerdings schon längst vollgährig, sie fordern friedlich ihre Rechte ein. Madrid muss endlich beginnen, direkt mit den Katalanen zu verhandeln. Die Europäische Union hat eine Verpflichtung sich einzubringen. Der Rückzug auf eine legalistische Argumentation hilft nicht weiter, allein schon aus dem Grund, da die spanische Justiz in diesem Punkt völlig „überpolitisiert“ agiert und ein faires Verfahren nicht zu erwarten ist.

Der innerspanische Konflikt entschärft sich, wenn den Katalanen das zurück gegeben wird, was sie 2006 ausgehandelt haben und durch Referenden in Barcelona wie auch Madrid bestätigt wurde – ein neues Autonomiestatut. Das katalanische Volk und Parlament, selbst das spanische Parlament stimmten für eine größere Selbstbestimmung. Verhandlungen darüber müssen wieder aufgenommen, ernsthaft geführt und mit Leben gefüllt werden. Die rechtskonservative, in der Tradition von General Franco stehende spanische Volkspartei, Partido Popular (PP) hat alle Macht und Mittel ausgeschöpft und den Katalanen, ihre Verfassung streitig zu machen, was sie auch geschafft hat. Nach juristischen Verhandlungen wurde 2010 14 Artikel des Autonomiestatuts für ungültig erklärt. Das Gesetz wurde somit seiner Grundlange beraubt. Jeder Verweis auf Katalonien als Nation wurde entfernt. Die Bestimmungen zur Steuerselbstbestimmung wurden drastisch beschnitten. Dadurch wurde eines deutlich, Katalonien ist zu einer Provinz, einer unter vielen herabgestuft worden. Es war für weite Teile der katalanische Gesellschaft eine Zäsur. Ab hier begann ein ideologisch-revolutionärer Kampf.

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